Ueber uns
Wie bringt man modernen Jugendlichen die praktischen Dinge des Lebens bei ohne „uncool“ zu sein? Wie trainiert man Teamfähigkeit, Verantwortung, Umweltbewusstsein und Respekt, so dass es von Jugendlichen bereitwillig angenommen und im Alltag angewendet wird?
Jugendliche von heute sind einer Vielzahl von Einflüssen ausgesetzt. Umgang mit Mediengesellschaft und multikultureller Integration sind tägliche Herausforderungen. Es ist für nahezu jeden Jugendlichen Voraussetzung mit moderner Technik umgehen zu können, egal ob Handy, PC, Spielekonsolen, Buchungssoftware oder Internet…. Auch in der Schule wird erwartet, dass Jugendliche damit umgehen können. Und oft wissen Schüler mehr als ihre Lehrer.
Jedoch entsteht hier, durch hohe Anforderung, oftmals auch starke Überforderung!
Die Prozesse der modernen Mediengesellschaft, die zur vermeintlichen Vereinfachungen des Lebens dienen, bedeuten zugleich eine Steigerung der Arbeitsgeschwindigkeit. Für Referate, die geschrieben werden müssen, war früher der Gang in die Bücherei erforderlich, heute zieht man die Fakten mal eben aus dem Internet. Verabredete man sich früher mit seinen Freunden, nutzt man heute das Internet. Beziehungen finden im Chat oder per Handy statt, ein wirkliches Gegenüber gibt es seltener. Verletzungen werden so leichter ausgesprochen als im persönlichen Kontakt. Beziehungen werden flüchtiger. Lösbare „schwere“ Aufgaben sind kaum noch erfahrbar. Besondere körperliche Mühen oder starke geistige Anstrengungen werden von vielen Jugendlichen gerne vermieden.
Hier setzt die das pädagogische Konzept für das historische Projekt „Mittelaltergruppe“ an.
Jede/r Jugendliche/r wählt sich eine eigene Rolle in der Zeitepoche um das Jahr 1152 n.Chr.. Hierzu fertigen alle, möglichst per Hand, das entsprechende Kostüm. Dadurch verschwinden gesellschaftliche und durch die Herkunft gegebene Unterschiede. Handwerkliche Grundfähigkeiten werden geschult. Mitglieder aus den typischen Zuwanderländern werden vor dem Hintergrund des Mittelalters zu gefragten Gesprächspartnern. „Wie ist das in der Türkei, steht die Marienburg noch, kann man in Spanien noch die Einflüsse der Mauren entdecken, warst Du schon mal in …. ? Die Kinder und Jugendlichen aus den Zuwanderfamilien erleben dabei, dass Sie als Kompetenzträger geschätzt werden.
Das Leben im Mittelalter ist schwer. Und zwar in des Wortes wahrer Bedeutung…. schwer! Die bisherige Ausrüstung wiegt 3,2 Tonnen. Diese muss zu jedem Wochenendtreffen komplett verpackt, gestaut und in den LKW geladen werden. Im Projekt entwickeln sich unterschiedliche Talente unabhängig von den klassischen Bewertungskriterien unserer Gesellschaft. Verantwortungen und Pflichten müssen übernommen werden. Neben den Verantwortlichen für Lagerung gibt es die Logistikmannschaft, die die Verpflegung plant, einkauft und abrechnet. Zeltmeister sind für die Instandhaltung und den Aufbau der Zelte, Waffenmeister die sich um den Erhalt der Waffen und die korrekte Pflege und Handhabung kümmern.
Einmal in der Natur angekommen wird es zur Erfahrung, wie schwer es ist satt zu werden, wenn man für die Herstellung der Nahrung komplett selbst verantwortlich ist. Hat man vergessen am Abend Brot zu backen, hungert man bis zum nächsten Nachmittag, denn Brotbacken geht ohne Hilfsmittel wie Backofen und Brotautomat nicht in einer Stunde.
Kleidung, die defekt ist, kann nicht neu gekauft werden, sondern muss geflickt oder neu genäht werden. Feuer ist Heizung und Ofen zugleich und darf nicht ausgehen. Kälte wird direkt erfahren, Hunger nachempfunden. Der sorgsame Umgang mit den Ressourcen ist erforderlich, sonst reicht es nicht für alle. An so einem Wochenende werden alle Fertigkeiten, die zum leben nötig sind, geschult.
Nachdem die Zelte aufgebaut sind, werden die „modernen“ Gegenstände verschlossen.
Uhr, Handy, Turnschuhe, Jeans, und sonstige Annehmlichkeiten verschwinden in verschlossenen Kisten und werden nicht mehr angefasst. Ein neuer Abschnitt beginnt. Holz hacken, Feuer machen, Wasser holen, Essen kochen. Alles braucht seine Zeit, alles hat Zeit. Dabei ist Raum für Gespräche… der direkte Kontakt entsteht.
Mittlerweile gehören 49 Mitglieder zu der Gruppe. Dabei ist der erhebliche Teil (45) zwischen 8 und 23 Jahren alt.
Die größeren Jugendlichen übernehmen in Form von Patenschaften und Jugendleitung Verantwortung für die jüngeren Mitglieder.
In den wöchentlichen Gruppenstunden wird an der Ausrüstung gearbeitet. Dabei ist der historische Bezug einer der wesentlichen Punkte. (Nicht immer gelingt das wirklich gut, da die Quellenlage oft recht schlecht ist.) Stadt und Regionalgeschichte sind regelmäßiges Thema der Stunden. Die Erkenntnis, dass es „Deutschland“ so damals nicht gegeben hat, rief erhebliches Erstaunen hervor. Wir waren Franken? Ja auch … das Thema ist deutlich komplexer. Aber mit dem der Kinder und Jugend eigenen Art finden sie die Tatsachen und entdecken so ganz nebenbei den Spaß an Heimat und Geschichte.
Als Gruppe des Mehrgenerationenhauses Hell-Ga e.V. haben wir mit den Jugendlichen und Kindern vor 15 Jahren begonnen. Nun werden wir um den Teil der „verrückten“ Erwachsenen bereichert. Dabei ist es für uns wichtig, dass hier die Historie und der Spaß an Geschichte im Vordergrund steht.